Lat. acus («Nadel») und pungere («stechen»)
Bei der Akupunktur werden Punkte an der Körperoberfläche durch Einstechen von dünnen Nadeln stimuliert. Damit werden Körperfunktionen beeinflusst und reguliert.
Die Nadeltherapie ist eine der ältesten und zugleich verbreitetsten Heilmethoden der Welt. Sie gehört heute zu den am besten untersuchten nichtmedikamentösen Therapieverfahren, unter anderem aufgrund ihrer Erfolge in der Schmerzlinderung.
Heute wird Akupunktur sowohl bei Schmerzen als auch bei einer Vielzahl von Beschwerden angewandt:
Zusätzlich zur klassischen chinesischen Ganzkörperakupunktur finden in meiner Praxis weitere Spezialformen der Akupunktur Anwendung:
Ohrakupunktur
Die Ohrakupunktur ist die älteste Sonderform der Akupunktur. Bereits 200 v. Chr. sind in China reflektorische Zusammenhänge zwischen Ohrarealen und bestimmten Körperregionen bekannt.
Der französische Physiker und Arzt Paul Nogier ist im Westen der Erste, der in den 1950er Jahren mit der Aufschlüsselung der Kartografie der Ohrmuschel die Mikrosystem-Akupunktur entwirft. Dabei leitet er anhand von reaktiven Punkten an der Ohrmuschel eine Körpertopographie auf der Ohrmuschel selbst ab. Eine solche Abbildung des Körpers auf einem Teilbereich der Körperoberfläche (Ohr, Schädel, Hand, usw) wird auch «Somatotopie» genannt. Die Ohroberfläche entspricht somit einer Reflexzone, auf der alle Organe und ihre Funktionen repräsentiert werden.
Für die Ohrakupunktur können entweder kurze Akupunkturnadeln oder spezielle noch kürzere Dauernadeln eingesetzt werden. Letztere bestehen aus rostfreiem Stahl und können nach der Applikation mit einem kleinen Pflaster gedeckt werden. Sie bleiben bis zu zwei Wochen am Ohr – oder bis die Haut die Nadel von selbst abstosst – um eine andauernde Stimulation zu erreichen.
Eine sanftere Stimulation kann auch ohne Nadeln mit einem Samenpflaster (Nelkensamen auf Pflaster fixiert) erreicht werden. Diese eignet sich auch für Kinder.
Die Ohrakupunktur wird u.a. bei Störungen des Bewegungsapparats, Neuralgien, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Suchterkrankungen angewandt.
Yamamoto Neue Schädelakupunktur (YNSA)
Nach den 1950er Jahren wurden mehrere «Somatotopien» (s.o.) von wirksamen Mikroakupunktursystemen entdeckt. Die YNSA basiert auf der Ermittlung umschriebener Arealen des Schädels, welche anatomische und funktionelle Abbildungen des Organismus darstellen.
Der japanische Arzt Toshikatsu Yamamoto entwickelte diese Sonderform der Schädelakupunktur in den 1960er Jahren und baute sie seither stetig weiter aus. Sie kann sehr vielfältig angewendet werden.
Chinesische Schädelakupunktur
Die chinesische Schädelakupunktur wurde von Neurochirurgen entwickelt und orientiert sich an der Neuroanatomie. Die Zonen an der Kopfschwarte, welche genadelt werden, haben eine neurophysiologische Beziehung zu den darunterliegenden Hirnrindenarealen. In China wird die Schädelakupunktur zur täglichen Versorgung von Schädel- und Hirnverletzten eingesetzt.
Die Hauptindikationen umfassen dementsprechend zerebrale Läsionen und Funktionsstörungen infolge eines Schlaganfalls oder Schädel-Hirntraumas (Paresen, Hemiplegie), M. Parkinson, Hörstörungen, Tinnitus.
Die chin. Schädelakupunktur kommt meist in Kombination mit der Körperakupunktur zur Anwendung. Der Behandlungserfolg ist abhängig vom Ausmass des Hirnschadens und davon, wie früh nach dem Ereignis (z.B. Schlaganfall) mit der Behandlung angefangen werden kann.
Elektroakupunktur
Bei der Elektroakupunktur werden zwei Punkte am Körper über die Nadelgriffe miteinander elektrisch verbunden und mit einem schwachen biphasischen Wechselstrom stimuliert.
Die Elektrostimulation kann die Wirkung der Akupunktur verstärken und eignet sich insbesondere (jedoch nicht ausschliesslich) bei chronischen Schmerzsyndromen und akuten Schmerzen des Bewegungsapparats.
Die Stromstärke richtet sich nach subjektiven Gesichtspunkten und liegt immer unterhalb der Schmerztoleranzschwelle.
Die Elektroakupunktur wird in China seit den 1930er Jahren eingesetzt. Anfänglich wurde sie als Ersatz für die manuelle Stimulation der Nadeln verwendet, danach wurde sie laufend unter Anwendung verschiedener Frequenzen, Wellenformen und Stromstärken ergänzt. Dabei wurden unterschiedliche regulative Effekte auf das Nervensystem und auf das Nervengewebe festgestellt.
Laserakupunktur
Statt der Nadel kann ein Akupunkturpunkt auch mit einem Laserstrahl niedriger Leistungsdichte im roten Wellenlängenbereich behandelt werden. Die Bestrahlung wirkt durchblutungsfördernd, entzündungshemmend, wundheilungsfördernd, abwehrstärkend und schmerzlindernd.
Es handelt sich um eine leichte, schmerzlose Anwendung, welche sich z.B. bei Kindern oder bei besonders empfindlichen sowie sehr geschwächten Erwachsenen als Alternative zur oder als Einstieg in die Nadeltherapie anbietet.
Mehr über die Ausführung der Akupunktur
Eine Akupunkturnadel besteht aus einem Körper und einem Griff. Der Nadelgriff ist ein geschweisstes Draht. Der sehr dünne (einige Zehntel Millimeter) und biegsame Nadelkörper aus weichem Metall – Edelstahl, Silber oder Gold – ermöglicht einen schnellen und schmerzlosen Einstich durch die Hautschicht, die sich unmittelber nach der Nadelentfernung wieder schliesst.
Es werden sterile Einwegnadeln verwendet, wodurch das Infektionsrisiko ausgeschlossen ist.
Wenn nach dem Einstich die Nadel stimuliert wird, können verschiedene Empfindungen entstehen – z.B. Ziehen, Druck, Pulsieren, Kribbeln, leichtes Elektrisieren, Wärme- oder Schweregefühl, usw. – welche am Einstichort auftreten oder sich im Körper ausbreiten. Diese normalen und gewünschten subjektive Reaktionen werden in ihrer Vielfalt als De-Qi bezeichnet und variieren in Abhängigkeit von Punktwahl, Erkrankung, Krankheitsverlauf und Konstitution.
Mehr über die Wirkungsweise der Akupunktur
Die Wirkungsweise der Akupunktur ist mannigfaltig und heute Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung, sowohl im Westen als auch im ostasiatischen Raum.
Anatomisch wurden neurovaskuläre Knoten – Bündel aus (oder Treffpunkte von) Nerven und Blutgefässen – in Verbindung mit Akupunkturpunkten gebracht.
Es wurde erkannt, dass bei der Nadelung von Akupunkturpunkten gewebespezifische, vaskulär und nerval vermittelte, endokrine, immunologische und weitere Reaktionen von Zellen und Fasern (Fasziengewebe) im Zwischenzellraum ausgelöst werden.
Diese Reaktionen erfolgen sowohl lokal an der Stelle der Nadelung als auch systemisch an weiter entfernten Stellen im Körper, an den inneren Organen bzw. im Zentralnervensystem (Gehirn, Rückenmark).
Die lokale Wirkung umfasst eine erhöhte Durchblutung, eine bessere Wundheilung und eine Entzündungshemmung. Die systemische Wirkung ist komplex und umfasst u.a. die Aktivierung von Reflexen durch das autonome Nervensystem und die Ausschüttung von körpereigenen, regulierenden Stoffen (Neurotransmitter, Endorphine).